
Ich nenne so etwas die „urbanen Irrtümer“, wenn die Städter:innen uns Ackerkmägden und -knechten weis machen wollen, die Natur schenke uns die Lebensmittel. Nein, das tut sie nicht, seit vor etwa 12.000 Jahren die Kultur ihren Lauf nahm. Bei uns geschah das im heute türkischen Hochland mit Blick auf das Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris.
Die Menschen bemerkten, dass sich einige Gräser gut trocknen und aufbewahren ließen. Es waren Gräser, deren Samen auch nach der Reife noch in der Ähre haften blieben. Gräser, die sich selbst befruchteten und nicht auf Wind oder Insekten angewiesen waren, haben die Menschen dann als Saatgut aufbewahrt und konnten es später aussäen. Dieses Saatgut konnten die Menschen dann sogar nach einzelnen Qualitätskriterien auswählen. Das nennt man selektieren.
Allerdings hatten diese ausgesuchten Saaten einen Nachteil. Ohne die Hege und Pflege des Menschen konnten sich die Aussaaten nicht so gut gegen die Konkurrenz in der Natur behaupten. Eine bessere Ernte konnten die Menschen also nur gegen die Natur durchsetzen. Das alles lässt sich gut in einem Buch von Hansjörg Küster nachlesen: Am Anfang war das Korn.
Natürlich gärtnern
Die Profis beim Anbau von Lebensmitteln müssen heute, also 12.000 Jahre später, unter harten Bedingungen arbeiten und manchmal zu rabiaten Mitteln greifen. Menschen, die heute möglichst natürlich gärtnern wollen, müssen einen Mittelweg finden. Sie können nur so viel wie möglich der Natur überlassen. Und sie müssen so viel wie nötig, die Natur behindern. Viel Arbeit können Würmer und Käfer und Mikroorganismen im Boden oder auf dem Kompost leisten. Sie machen den Boden locker und verwandeln organische Substanzen in Dünger. Alles was den Kulturpflanzen zu viel davon wegfrisst, das müssen wir vom Beet fern halten.
Im Kleingarten ist dafür keine Chemie nötig. Unerwünschte Pflanzen hacken wir weg. Unerwünschte Insekten können wir mit Netzen von unserer Kultur fern halten. Die Vögel, die an unserem Obst mitnaschen, oder die Mäuse, die an unseren Knollengemüsen knabbern, können wir entweder tolerieren oder mit unangenehmen Geräuschen vertreiben.
Natursehnsucht
Ja, aber es gäbe ja gar keine Natur mehr, entgegnete mir kürzlich ein Naturschützer ganz erbost. Wir müssten die Natur wieder herstellen. Dann dürfte aber auch kein Mensch mehr darin herumlaufen und die blaue Blume suchen, nicht wahr? Manche werden sich an einen Mann erinnern, der nach Alaska gehen wollte, um Ananas zu züchten. Bald wird dieser romantische Traum wohl in Erfüllung gehen. Denn der Mensch tut nichts gegen den Klimawandel. Es ist die Natur der Erde, die sich wehrt.
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